Allgemeines Wissen und Infos zur Griffschrift für die steirische Harmonika
Die Steirische Harmonika wird heute häufig nach Griffschrift gespielt. Besonders der Anfänger lernt nach dem Griffschriftsystem leichter als nach normalen Noten, kommt schneller zu ersten Erfolgserlebnissen. Ich meine aber, ist man einmal über das erste Anfängerstadium hinaus, sollte man auch lernen, auswendig zu spielen, sollte gehörte Stücke nachspielen können, sollte auch lernen, nach normalen Noten zu spielen. Ein musikalisch vorgebildeter Mensch tut sich vielleicht sogar leichter, nach normalen Noten zu spielen, die Griffschrift ist nicht wirklich erforderlich. Aber für den Anfänger ist die Griffschrift eine wesentliche Hilfe beim Erlernen des Instruments.
So ein Griffschriftblatt sieht aus wie normale Noten. Es sind aber keine Noten, es ist eine Tabulatur, jedes Notensymbol bedeutet nur einen bestimmten Knopf auf der Harmonika, zeigt also nicht die wirkliche Tonhöhe, sondern die zu drückende Taste. Erkennbar ist dies am Fehlen des Violin- oder sonstigen Schlüssels und am Fehlen der Vorzeichen (weder Kreuz# noch Beb werden vorgestellt, wohl aber Doppelkreuze anstatt oder vor einzelnen Notensymbolen). Die Bassbezifferung sieht aus wie manche Akkordeonbassbezifferung, die Buchstaben A, a, B, b, C, c usw. bedeuten aber ebenfalls nicht wirkliche Töne bzw. Akkorde, sondern analog dem oben gesagten nur der jeweiligen Reihe zugeordnete Basstasten, Großbuchstaben bedeuten die Grundbasstasten, Kleinbuchstaben die Akkordbasstasten. Näheres dazu weiter unten ("Bassbelegung").
Auf der Harmonika erklingen beim Zusammendrücken andere Töne als beim Auseinanderziehen. Dafür gibt es folgende Anweisung: Unterstrichene Notensymbole werden im Zudruck gespielt, so lange der Unterstrich dauert, der Balg wird zusammengedrückt, nicht unterstrichene Symbole werden im Aufzug gespielt, der Balg wird auseinandergezogen.
Es gibt verschiedenste Systeme der Griffschrift. Bei den Melodietasten gibt es aber kaum Unterschiede. Manche Schreiber verwenden kryptische Zeichen als Ersatz für den 'fehlenden' Violinschlüssel, manche lassen die Notensymbole nach dem Doppelkreuz weg oder verwenden eigene, kreuzähnliche Notensymbole, Manche verwenden das Doppelkreuz nur für die dritte Reihe, für die innerste Reihe haben sie andere Symbole, etwa ein Dreieck als Notenkopf, manche schreiben die Notenköpfe für die innere Reihe nach links, die Köpfe für die äußere Reihe nach rechts. Dergleichen Eigenheiten gibt es, sie sind mehr oder weniger sinnvoll, das Grundsystem der Griffschrift ist für alle gleich.
Es gibt auch verschiedene Bezeichnungen für die Bassknöpfe. Sie und ihre Belegung sind weiter unten auf dieser Seite erklärt ("Bassbelegung").
Ich erkläre hier nach dem System Max Rosenzopf, es ist für die Steirische noch immer das verbreitetste, alle anderen bauen darauf auf. Im Jahr 1916 ließ der Helbling-Verlag ein Griffschrift-System für die zweireihige Harmonika patentieren, Rosenzopf hat vor 1975 dieses ältere System für die Steirische adaptiert, hat 1975 eine Schule für Steirische Harmonika und seither zusätzlich gezählte 26 Griffschrifthefte und einiges andere herausgegeben. Und was ich Max Rosenzopf besonders positiv anrechne: er war und ist praktisch der Einzige, der sämtliche Hefte auch in normaler Notenschrift herausgibt, sowohl für Akkordeon als auch für Steirisches Hackbrett, sie sind alle noch bei ihm selbst erhältlich ("Griffschriftproduzenten").
Für die folgende Erklärung setze ich allerdings Notenkenntnisse voraus. Zumindest Notenlängen, Pausen, Takt und andere Vortragszeichen sollten Sie bereits lesen können, da diese Informationen auch von der Griffschrift verwendet werden.
Vierreihige Harmonika, zweite Reihe
Die zweite Reihe ist für den Anfang am leichtesten zu bewältigen und zu begreifen. Jede Harmonika lässt auf Druck und Zug mit der selben Taste verschiedene Töne erklingen, in der zweiten Reihe gibt es eine einzige Ausnahme, den Gleichton, bei üblicher Bauart der Harmonika der 6. Knopf in der 2. Reihe. Es ist der Dominantton (5. Ton) der jeweiligen Tonart. An diesem kann man sich orientieren. Im folgenden Bild sehen Sie rechts ein Abbild des Harmonika-Griffbrettes mit sämtlichen Tasten. Sie sehen, jedes Notensymbol links bedeutet eine der grau unterlegten Tasten der mittleren Reihe auf der Harmonika. Für die zweite Reihe stehen die Notensymbole auf den Notenlinien, der Gleichton steht auf der mittleren Notenlinie.
Siehe Bild unterhalb Diskantseiten-Griffschriftbelegung
Die zugehörigen Basstasten (siehe Bassbelegung) sind B bzw. b.
Vierreihige Harmonika, dritte Reihe
Auch in der dritten Reihe gibt es einen Gleichton, an dem man sich orientieren kann, auch hier ist es der 6. Knopf. Es ist der Dominantton (5. Ton) der jeweiligen Tonart. Jedes Notensymbol links bedeutet eine der grau unterlegten Tasten der inneren Reihe auf der Harmonika. Die Notensymbole für die dritte Reihe stehen zwischen den Notenlinien mit einem vorgesetzten Kreuz (oder einem Kreuz statt des Notenkopfes), der Gleichton steht zwischen mittlerer und vierter Notenlinie, ebenfalls mit einem vorgesetzten Kreuz. In vereinfachter Schreibweise wird oft das Kreuz anstatt des Notenkopfes geschrieben.
Die zugehörigen Basstasten (siehe Bassbelegung) sind C bzw. c.
Vierreihige Harmonika, erste Reihe (äußere)
In der ersten Reihe gibt es keinen Gleichton. Als Orientierungston nehme ich ebenfalls den 6. Knopf, den Dominantton im Zudruck, die Taste, auf welcher der Gleichton zu finden wäre. Jedes Notensymbol links bedeutet eine der grau unterlegten Tasten der äußeren Reihe auf der Harmonika. Die Notensymbole für die erste Reihe stehen zwischen den Notenlinien, der Orientierungston steht zwischen zweiter und mittlerer Notenlinie.
Siehe Bild unterhalb Diskantseiten-Griffschriftbelegung
Die zugehörigen Basstasten (siehe Bassbelegung) sind A bzw. a.
In einigen Werken ist der Orientierungston eine Taste höher angegeben, warum, habe ich nie begriffen. Da ich mich am Klang des Dominanttones auf meiner Harmonika orientiere, erscheint mir dies unlogisch. An der hier angegebenen Stelle ist bei Druck der 5. Ton der Tonleiter zu hören, so wie in den anderen Reihen auch. Ich finde aber, dies ist unwichtig. Wichtig ist die Orientierung am dort vorhandenen Gleichton (Dominantton) in den anderen Reihen.
Vierreihige Harmonika, vierte (innere) Reihe
Auch in der vierten Reihe auf der vierreihigen Harmonika) gibt es einen Gleichton, an dem man sich orientieren kann. Es ist ebenfalls der 6. Knopf, der Dominantton der jeweiligen Tonart. Jedes Notensymbol links bedeutet eine der grau unterlegten Tasten der innersten Reihe auf der Harmonika. Die Notensymbole für die vierte Reihe stehen auf den Notenlinien mit einem vorgesetzten Kreuz (oder einem Kreuz statt des Notenkopfes), der Gleichton steht auf der vierten Notenlinie, ebenfalls mit einem vorgesetzten Kreuz.
Siehe Bild unterhalb Diskantseiten-Griffschriftbelegung
Die zugehörigen Basstasten (siehe Bassbelegung) sind D bzw. d.
Griffschriftbelegung der Diskantseite
Bauarten Diskant
Ihre Harmonika weicht von den oben gezeichneten Griffbrett-Bildern ab? Hat oben oder unten mehr oder weniger Tasten? Oder innen Zusatztasten? Ausgehend vom Gleichton gilt für Ihre Harmonika das Gleiche wie oben geschrieben. Fehlende Tasten können Sie halt nicht spielen, es sind ohnedies nur selten gebrauchte Tasten. Und zusätzliche Tasten sind äußerst wertvoll, wenn man damit umgehen kann. In einer allgemein gehaltenen Griffschrift kann ich sie aber nicht berücksichtigen.
Sie haben einige der Tasten anders belegt als üblich? (Meist am unteren Rand, mit dem Daumen zu greifen.) Damit können Sie nur dann etwas anfangen, wenn Sie bereits sehr gut spielen können, oder wenn Sie frei spielen. Spielen Sie ausschließlich nach Griffschrift, können Sie diese Tasten nicht verwenden, im Gegenteil, sie sind sogar hinderlich. Außer natürlich, wenn Sie nach Griffschrift genau für diese Bauart der Harmonika spielen. Auch das gibt es, diese Hefte sind dann aber für anders gebaute Harmonikas kaum brauchbar.
Bassbelegung
Benennung der Knöpfe in Griffschrift nach Rosenzopf, vierreihige Harmonika, beliebige Tonart. Zug und Druck unterscheiden sich nur durch den Unterstrich beim Druck. Max Rosenzopf hat allerdings nie Noten für vierreihige Harmonika herausgegeben. Leider ist die Griffschrift für die Vierreiher laut Rosenzopf beim Bass noch unlogischer und verwirrender aufgebaut, ich verwendete sie lange Zeit zumindest für Anfänger trotzdem, da sie doch recht verbreitet ist.Eine Variante dazu ist die Benennung der Knöpfe in Griffschrift nach Volker Derschmidt, abgeleitet von der Rosenzopf-Benennung:
In Griffschrift sind dies auch hier nur die Namen der Knöpfe, haben nichts mit einer tatsächlichen Tonart zu tun.
Inzwischen verwende ich logischere (daher bessere) Bassbenennungen, abgeschaut von Erich Pauli:
Florian Michlbauer’s System benennt die äußere Reihe wie Pauli, nur die innere Reihe ist unterschiedlich benannt: Der X-Bass ist ein zusätzlicher Bassknopf, in dieser Bauart mit dem Ton E belegt, der das Wechselbassspiel in der A-Reihe etwas erleichtert. Ich würde ihn lieber W für Wechselbass nennen.
Wichtig für den Anfänger ist, zu wissen:
Die Knöpfe A und a gehören immer zur ersten (äußersten) Melodiereihe der Harmonika.
Die Knöpfe B und b gehören immer zur zweiten Melodiereihe der Harmonika.
Die Knöpfe C und c gehören immer zur dritten Melodiereihe der Harmonika.
Die Knöpfe D und d gehören immer zur vierten (innersten) Melodiereihe der Harmonika.
Bauarten Bass
Es gibt inzwischen etliche Bauarten der Harmonika. Etwa wird bei der Dreireiher immer öfter statt dem zweiten h-dur-Knopf der Wechselbass für die D-dur eingebaut. Oder es wird statt der Mollbässe im Zug die vierte Stufe eingebaut. Ich selbst bin derzeit für die traditionelle Art der Knopfbelegung mit einer Ausnahme: der oberste innere Knopf ist bei meiner vierreihigen Harmonika mit dem untersten Knopf gekoppelt und nicht mit dem Nachbarknopf, bietet mir so den Wechselbass für die äußerste Reihe. Das funktioniert aber nur bei der traditionellen Bassbelegung mit Molltasten. Die äußere Reihe ist für alle Bauarten gleich aufgebaut.
Üblicherweise bestehen alle Akkordbässe aus den Tönen 3, 5 und 8, ergeben also mit dem Grundton (1) einen Dreiklang. Es gibt auch die Akkordbassbelegung mit 1, 3 und 5 (oder 1, 3, 5 und 8), selten auch noch 3 + 5. Der 7. Ton für den Dominantseptakkord ist nie vorhanden. Das bedeutet, dass man sowohl im Druck als auch im Zug die gleichen Akkorde findet, nur etwas verschoben, an anderer Stelle. Wenn man möchte, kann man daher die gleiche Passage sowohl im Druck als auch im Zug spielen, etwa, um zu langen Druck-Passagen auszuweichen.
Heute werden häufig Harmonikas verkauft, die nicht die traditionelle Basstastenbelegung mit Mollbässen in der inneren Reihe haben, sondern sogenannte Übergangsbässe. Begründet wird dies mit der Behauptung, so wäre die Harmonika leichter spielbar. Meiner Meinung nach stimmt das kaum, ein Anfänger braucht weder Mollbässe noch Übergangsbässe, und ein Könner wird in seinen Möglichkeiten auf diesem Instrument doch sehr eingeschränkt. Mir tut es leid, dass mit dem anzweifelbaren Argument von der leichteren Spielweise der Harmonika einiges von ihren Möglichkeiten genommen wird.
Erklärung des Wechselbass
Ein gut gespielter Wechselbass ist zwar nie notwendig, er macht aber viele Stücke schöner, klingt meistens interessanter. Die häufig dafür angegebene Regel ist: Beginn im Zudruck mit dem Grundbass bzw. mit dem Ringfinger der linken Hand, Beginn im Zug mit dem anderen, oberhalb liegenden Nebenbass bzw. mit dem Zeigefinger der linken Hand. Beim Druckwechsel drückt daher der gleiche Finger zweimal auf den gleichen Knopf, es erklingt aber, bedingt durch den Zugwechsel, jeweils ein anderer Ton.
einfacher Walzertakt in Griffschrift, mit Wechselbass:
C c c B c c B c c C c c B c c C c c C c c B c c (Fingersatz dazu: 4 3 3 2 3 3 2 3 3 4 3 3 2 3 3 4 3 3 4 3 3 2
3 3)
einfacher Polkatakt in Griffschrift, mit Wechselbass:
C c B c B c C c B c C c C c B c (Fingersatz dazu: 4 3 2
3 2 3 4 3 2 3 4 3 4 3 2 3)
Hier kommt auch der Zeigefinger zum Einsatz. Grundbass = Ringfinger, Akkordbass = Mittelfinger, Nebenbass ist Zeigefinger.
Von dieser Regel (Beginn im Druck mit dem Ringfinger, Beginn im Zug mit dem Zeigefinger) sollte man nur selten abweichen und nur dann, wenn man ganz genau weiß, was man damit erzielt. Wenn diese Regel bei ungerader Harmoniefolge nicht passt, ist es besser, überhaupt keinen Wechselbass zu spielen, sondern nur die oben angeführte einfache Grundbass-Begleitung. Aber auch bei kurzen, 8-taktigen Ländlern, Mazurkas und bei allen Zwiefachen sollte man keinen Wechselbass spielen.